Sonntag, 16. Oktober 2016

In 80 Tagen durch Monterrey

Wahnsinn! 80 Tage sind es jetzt schon, am Donnerstag 12 Wochen.

Ich stelle fest:
mein Spanisch wird flüssiger - zu später Stunde noch mehr. Trotzdem plane ich nochmal einen Sprachkurs zu machen, damit ich nicht jeden Satz im Präsens, Perfekt oder "ir a"-Futur formulieren muss.
Wenn alles gut geht, mit Katha in D.F. oder Cancún. Schauen wir mal, wie viel akademisches Spanisch wir da lernen. Generell, die Mexikaner gucken einen echt an wie ein Auto, wenn man mit castellano um die Ecke kommt. "Wer oder was ist vosotros?!"

Das Essen wird immer besser und zu den Grundfertigkeiten eines Mannes gehört hier Kochen definitiv dazu.

Auffahrunfälle gehören hier eben dazu und die einzige Person, die sich Stress gemacht hat, war dann wohl ich. Versicherungsbetrug ist trotzdem keine Option, lieber Unfallverursacher!

Laut der zuverlässigen Quelle eines Arztes, ist es nicht die Mischung des Alkohols die die Konsequenzen verursacht, sondern lediglich die Menge. Also kann man jetzt doch durcheinander trinken?

Auch wenn die Mexikaner Whiskey mit Mineralwasser mischen, dann sind sie bei der Herstellung von Tequila und insbesondere Mezcal umso begabter!

Oktob(i)erfeste verlieren trotz original bayrischer Band und Haxe ihren mexikanischen Touch nicht. Bachata kann man nämlich irgendwie zu jeder Musik tanzen und natürlich darf man Indio und Tecate Light in Maßgläsern servieren.

Gastfreundschaft - wow! Unglaublich! Einige behaupten, dass das an meiner Haarfarbe liegt. Nö, sehe ich nicht so. Egal wie kurz man sich kennt - unabhängig davon, ob man als Mexikaner oder Ausländer identifiziert wird - alle sind immer sehr, sehr freundlich und klar kann man nachts um drei bei Leute aufschlagen, die man bisher vielleicht fünf Minuten kennt.

Fazit: Ich lebe noch.
Trotz unglaublich gutem Essen, ist das "Gesund leben" hier sehr einfach.
Die Menschen hier sind wirklich super.
Selbst hier in Monterrey gibt es Hessen 😍

Sonntag, 2. Oktober 2016

Das Ende vom Brot heißt Krüstchen.

....oder Knarz oder Knärzchen oder Krempfli oder oder oder.
Bei mir zu Hause heißt es jedenfalls Krüstchen.

Hier in Mexiko gibt es leider keinen tollen Namen für den letzten Tortillafladen in der Packung geschweige denn für das Ende vom Brot - denn - und damit wären wir schon beim ersten richtig großen Unterschied zu Deutschland - so etwas wie "richtiges" Körnerbrot kann man hier lange suchen.
Wobei sich die Panaderia "BreAd" hier in San Pedro doch richtig Mühe gibt, gebackene Spezialitäten aus aller Welt zu produzieren. 🥐🍞

Aber genug der Brotphilosophie.

Nach ziemlich genau 9 Wochen und 3 Tagen am anderen Ende der Welt habe ich mir überlegt, anlässlich des morgigen bzw. bei euch verehrten Lesern heutigen Tages der Deutschen Einheit (der im CCA natürlich groß gefeiert wird...) ein paar Worte über die kleinen und großen Unterschiede zwischen Deutschland und Mexiko zu verlieren.

1. 🍻 - das Bier
Ich bin eigentlich nie so eine richtige Biertrinkerin gewesen (da das hier sowieso erst ab 18 erlaubt ist, trinke ich hier natürlich auch erst seit einem Monat überhaupt irgendwas), aber wenn man dann mal deutsches und mexikanisches Bier vergleicht, fällt einem sehr schnell auf: die Mexikaner sollten es vielleicht einfach doch besser importieren.
Einige meiner ehemaligen Mitschüler würden wahrscheinlich dagegen protestieren, das Bier zu nennen 😄🙄

2. 🌮🥙🌶🥑🎂🍬🍰 - das Essen
Es ist lecker, verdammt lecker.
Vegetarier-Dasein ist in diesem Land eine sehr unintelligente Idee.
Es gibt genau zwei Geschmacksrichtungen: sehr, sehr scharf oder sehr, sehr süß.

3. 🚓🔫 - die "innere Sicherheit" und der Umgang mit Waffen
Auch wenn wir hier nur zwei Stunden von der texanischen Grenze weg sind, ist der Besitz von Waffen in Mexiko eigentlich (eigentlich) streng gehandhabt. Hält aber den Otto Normalverbraucher nicht davon ab, beim Verlassen einer beliebten amerikanischen Kaffeehauskette mit Hauptgeschäftssitz in Seattle mit seiner Flinte durch die Gegend zu wedeln.

Interessiert das die Polizei? Nein, warum auch. Die macht es nämlich selbst. Der Auftritt eines "Streifenwagens" ist hier weder diskret noch zivil. Wenn die Fuerza Civil an einem vorbei fährt, tut sie es mittels eines Pickups auf dessen Ladefläche ein bis zwei vermummte und bis an die Zähne bewaffnete Polizisten stehen und nach Belieben mit ihrem Maschinengewehr durch die Gegend zielen.

4. 🙋✌🤝😘 - die Begrüßung
Während man sich in Deutschland die Hand gibt oder sich auch mal umarmt (wenn man sich sehr gut kennt und / oder gut leiden mag), ist das obligatorische Küsschen und die rhetorisch gemeinte Frage "Wie geht's?" hier in Mexiko an der Tagesordnung. Manchmal sogar mit Hand geben.
Das ist selbst für einen eigentlich eher offenen Menschen wie mich ziemlich neu und irgendwo auch schwierig, denn das was die Mexikaner an der "deutschen Hand" so kalt und abweisend finden, finde ich am allmorgendlichen Abgeschlabbere im Lehrerzimmer und mit nahezu allen Angestellten des CCA (außer denen, die das so wie ich empfinden..leider nicht viele) etwas zu viel und zu aufdringlich.
Andererseits erleichtert diese offene und herzliche Art natürlich die Zusammenarbeit und auch das Kennenlernen von neuen Leuten.
Ich vermisse das "einfach-auf-den-Tisch-klopfen-wenn-man-eine-große-Runde-begrüßen-oder-verabschieden-will".

5. Rassismus - den gibt es in Mexiko auch, aber nicht so!
Das einzig passende Emoticon dazu wäre animiert: *kopfschüttel*
An manchen (in letzter Zeit vermehrt) Tagen wache ich morgens auf, checke den Newsfeed meines Smartphones und habe das Gefühl, dass die Achtung vor dem Grundgesetz und der Anstand einiger, wenn nicht sogar vieler Bürger der Bundesrepublik Deutschland den Bach hinunter gehen.

Mehr als ein jugendlich-naives "Was ist denn bei euch falsch gelaufen?" bleibt mir dann manchmal auch nicht mehr.

Bei all den globalen Krisen und riesigen Problemen die wir auf dieser Welt als Weltbürger alle gemeinsam zu tragen haben, fällt einigen besonders intelligenten Personen also wirklich NICHTS BESSERES ein, als einen der wenigen Momente der Freude und des Glücks wie den Tag der Deutschen Einheit mit Bombenattrappen und brennenden Polizeiautos zu stören?

Und Menschen, die die Dreistigkeit besitzen, in der Politik mitmischen zu wollen, verbreiten rechtspopulistische Ansichten? (....leider sitzt von denen auch einer fast vor meiner aktuellen Haustür)

So etwas tagtäglich zu lesen macht mich hier am anderen Ende der Welt ziemlich traurig und sorgt für ein müdes Lächeln wenn mir ein Schüler sagt, dass er Deutschland für seine Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bewundert.

http://www.lavievagabonde.de/2016/02/21/wehret-den-anf%C3%A4ngen-wir-sind-schon-mittendrin/

Hier in Mexiko begegne ich auch einer Art von "Fremdenfeindlichkeit". Als blonde und dazu noch relativ große Frau wird man sofort aus Ausländer identifiziert und natürlich auch dementsprechend beäugt. Hier kam aber noch niemand auf die Idee mich verbal oder tätlich anzugreifen und mir klar zu machen, ich solle doch bitte das Land verlassen.

Auch wenn ich nicht unbedingt scharf darauf bin, von jedem angeschaut zu werden, als käme ich vom Mars (wobei es dort wahrscheinlich gerade entspannter ist!), dann ist das doch fast noch ein Kompliment (genauso wie die 11 Punkte bei unserem verehrten Ethik - und Politiklehrer).

Flüchtlingsunterkünfte und Polizeiwagen anzünden dagegen nicht.


[Dieser Text spiegelt meine aktuelle, sicherlich emotional beeinflusste Meinung wieder. Die Ansichten die ich hier mitteile, erfolgen aus der Sichtweise einer "weißen", privilegierten und natürlich auch limitieren Person.]